In der Ruhe liegt die Kraft
Inseltraining von Hans Schlegel seit Jahren ein Kernstück seiner Hundeerziehung. Das Inseltraining ist eine sehr effiziente Möglichkeit, hektische, eher ängstliche oder unsichere Hunde situativ zu neutralisieren.
Bei Aggressionen habe ich durchwegs positive Erfahrungen mit dem Inseltraining machen dürfen. Das heißt, die Hunde lernen, selbstständig Außenreize, die direkt auf sie Einfluss nehmen, ohne direktes Beisein des Hundehalters zu verarbeiten und zu neutralisieren. Dabei ist wichtig, zu wissen, dass das Inseltraining keine Übung darstellt, sondern einem Ritual gleichkommt, das es regelmäßig zu pflegen gilt.
Gerne bis zu einer Stunde lang die Insel als Ruheort pflegen – bis der Hund zur inneren Ruhe kommt.
Schwerpunkt des Inseltrainings ist, dass der Hund zu seiner inneren Ruhe findet. Für ihn stellt die Insel einen sicheren Ort dar. Ihre Beschaffenheit sollte daher weich und angenehm für ihn sein – er muss sich auf ihr wohlfühlen können. Zunächst wird das Augenmerk auf das territoriale Verweilen des Hundes auf der Insel gerichtet.
Dabei kann er Sitzen, Stehen oder Liegen. Erst das Endziel ist, dass der Hund, egal welche Außenreize auf ihn einwirken, ruhig und gelassen liegenbleibt.
Hat er diese Aufgabe verstanden, geht der Halter außer Sicht und lässt seinen Hund ruhig liegen. Mit einem Ritual wird der Hund anschließend von der Insel abgeholt:
Der Halter geht bis auf einen Meter an die Insel heran und bleibt ruhig stehen. Richtet sich der Hund aus, geht der Halter bis vor die Insel und bleibt abermals ruhig stehen. Auf das Kommando „Auf geht’s“ darf sich der Hund setzen. Auf ein weiteres „Auf geht’s“ wird der Hund von der Insel weggeführt.
Inseltraining muss namentlich und zeitlich nicht neu erfunden werden – es ist und bleibt eine Insel!
Jedes wachsende Lernen braucht seine Zeit und folgt der fein abgestimmten biologischen Uhr des lernenden Hundes. Je nach Temperament, Belastbarkeit und Stressmanagement von Mensch (Sender) und Hund (Empfänger), kann der zeitliche Anspruch sehr variieren.
Das heißt auch, wer dreimal am Tag versucht, die Insel während 5 Minuten zu „üben“, stellt mit sofortiger Wirkung fest, dass die Vorgehensweise genau das Gegenteil bewirkt, nämlich, dass der Hund die Insel konsequent verlassen wird – „wirkt sofort“!
Das Inseltraining, gerne auch “Deckentraining”, “Stadttraining” oder neu “Platzierungsarbeit” genannt, darf nicht zu einer Übung verkümmern.
Die Insel ist ein Ritual und will als solches gepflegt sein. Ein Ritual stellt die Voraussetzung an die Hundehalter, dass dieser selber in seiner Mitte angekommen und in innerer Ruhe ist und vor allem während des Rituals 100% bei der Sache ist. Handys und alle störenden Faktoren bitte abschalten.
Warum ist die Insel eine seriöse Aufgabe: In den ersten dreißig Minuten will der Hund logischer Weise ganz seiner Natur entsprechend seine eigenen Triebe durchsetzen. Ab den ersten dreißig Minuten folgt die Kooperationsphase die anschließend stufenlos in die Ruhephase übergeht.
Inseltraining – Mitmenschen und Hund haben immer Vortritt
Wer im freien Umfeld erzieht, bitte beachten, dass Mitmenschen sowie der lernende Hund Anspruch haben, konfliktfrei zu Lernen. Nicht selten stelle ich fest, dass der Hund mit falschen Vorstellungen überfordert wird. Bitte die Insel stets mit genügend Abstand von einem Gehweg aufstellen. Das Gesetz schreibt eine Distanz zu öffentlichen Wegen von sechs Metern vor.
Es macht auch keinen Sinn, Hunde die nicht sicher liegen bleiben, vor einem Einkaufszentrum oder in der Stadt abzulegen. Nicht selten beobachte ich, dass die Hunde bei solchen Aktionen maßlos überfordert werden. Solche Showeinlagen und Vorgehensweisen helfen Hundehaltern und Hund nicht das Ziel zu erreichen, sondern enden nicht selten in einer frustrierten Lachnummer.
Inseltraining – Eine sehr dankbare Arbeit mit großem Anwendungsbereich.
Bleibt der Hund am Schluss bis zu einer Stunde auf der Insel ruhig und vor allem gelassen liegen, können langsam und sehr sorgfältig ausgewählte Verleitungen eingebaut werden. Hunde mit unerwünschtem Jagdverhalten lernen am Intensiv-Workshop, durch individuelle Programme, Beutetiere und andere Reize zu verarbeiten und mit erregenden Reizen gelassen umzugehen – sie werden zunehmend gelassener bis neutral.
Inseltraining – Mach mal Pause
Für die meisten Hundehalter reicht es vollkommen aus, wenn ihr Hund gelernt hat, ruhig und gelassen im Auto – trotz geöffneter Heckklappe – zu liegen und zu warten, ohne gleich aus dem Fahrzeug zu hechten.
Zeigt der Hund jedoch tiefgründige störende Verhaltensmuster, benötigt es ganz selten neue und sehr aufwendige Reformen, jedoch kommt man um das Inseltraining als therapeutische Maßnahme nicht herum.
Dabei sollten jedenfalls die ersten Coachings immer unter fachkundiger Anleitung von Fachexperten durchgeführt werden, die das Ziel auch mit dem eigenen Hund umsetzen können.
Es braucht ein feines Können, die ersten Schritte konfliktfrei und selbständig umzusetzen.
Das Inseltraining sollte erst in das Stadttraining integriert werden, wenn der Hund absolut sicher liegen bleibt und die beschriebene Vorgehensweise abgeschlossen ist, das heißt auch, dass Umweltreize keinen Stress mehr auslösen!